Freitag, Januar 27, 2006

Low Rise

Heute habe ich mir eine Jeans gekauft. Ich dachte, ein wenig Sportlichkeit könnte meinem Kleiderschrank nicht schaden. Die letzte Jeans, die ich mir gekauft habe, stammte noch aus den Zeiten, in denen eine 501 "in" war (zumindestens sagte man mir das damals). Früher hatte ich die sogar in beige. Nun habe ich noch zwei Stück, aber auch die noch aus den Zeiten, in denen man die kürzer und ca. bis zum Knöchel trug, was bei etwas höherem Schuhwerk mittlerweile recht lächerlich aussieht.
Ich beschloß, in ein normales Damen-Oberbekleidungsgeschäft zu gehen. In diesen "Jeans-Stores" fühlte ich mich schon immer komplett fehl am Platze. Kurzum, ich ging zu "Esprit". Die größere Auswahl an Jeans schien es im Obergeschoß zu geben. Gerührt stellte ich fest, daß die von mir bevorzugte Größe "winzig und kurz" hier geführt wurde, etwas professioneller als "32 / short" betitelt. Toll! Es galt nun, eine Jeans zu erspähen, die "cool", aber nicht "hip" war. "Hippe" Jeans sind dadurch gekennzeichnet, daß sie allerlei vollkommen überflüssige Applikationen haben. Dazu gehört zum Beispiel Stoff, der wohl irgendwie übergeblieben ist, und nun irgendwo an das Beinkleid getackert wurde. Vorzugsweise fehlt dieser Stoff wiederum an anderen taktisch mehr oder weniger wichtigen Stellen. Nieten kann man auch überall reinhauen, vor allem da, wo sie keine tragende Funktion haben. An den Knien sollte die Jeans so aussehen, als hätte man sich schon hundertmal in den Matsch geworfen. Alle so noch freigebliebenen Partien werden mit Stickereien, Pailetten und anderem Gedöns überzogen.
Nein, ein paar nicht so hippe Jeans gab es doch noch. Ich schleifte meine Beute hinter mir her in die Umkleidekabine. Dort wurde ich mit einem seltsamen Phänomen konfrontiert. Überall schien eine Handbreit Stoff am Bund zu fehlen. Fröhlich wollte ich die Hose zur optimalen Position hochziehen, doch dies führte schon zu einer ziemlich unangenehmen Begegnung mit dem Hosenboden. Es schien der Sinn dieses Fabrikats zu sein, genau auf der Höhe meiner Hüftknochen zu enden. Keine Ahnung, wie das bei anderen Frauen hält. Wenn man etwas unterhalb der breitesten Stelle zumacht, muß es doch runterrutschen, oder? Besonders albern sind diese winzigen Reißverschlüsse, die dann noch aus Spaß an die Dinger ranmontiert werden. Ganze 2 Zentimeter sind die im Schnitt lang oder so.

Ich schlurfte also wieder aus der Umkleidekabine raus zu der Verkäuferin, die übrigens Walkmankopfhörer trug (komische Arbeitseinstellung, oder?). Ob sie vielleicht auch Jeans hätte, die nicht diese sensationelle "Low Rise"-Eigenschaft hätten. Sofort erschien ein mitleidiges Lächeln auf ihren Lippen. "Nein, hier leider nicht. Vielleicht im Untergeschoß." Um ihr meine Lage verständlicher zu machen, fügte ich noch hinzu: "Ich weiß, daß das cooler ist, aber mir gefällt das Tragegefühl nicht." Ihr Lächeln wurde noch mitleidiger. "Das ist doch ok", sagte sie. Das gab mir den Rest. Es war exakt der Ton, den man kleinen Kindern oder alten Leuten schenkt, die es nicht mehr rechtzeitig auf die Toilette geschafft haben. Zeit das Obergeschoß zu verlassen.

Um es kurz zu machen: Im Untergeschoß gab es exakt eine Jeans in meiner Größe und "regular rise". Sie war wahrscheinlich auch die teuerste in dem ganzen Laden, denn dafür, daß die Jeans keine einzige Applikation etc. besitzt, muß man wohl extra bezahlen. Edle Coolheit hat eben ihren Preis, währt aber am längsten. Laßt Euch das gesagt sein, ihr Mädels, wenn Ihr Euch mal wieder die Nierchen verkühlt habt.

4 Comments:

At Januar 27, 2006 10:31 PM, Blogger Miss Topisto said...

Ja, ich verstehe die Problematik. Ich kaufe mir trotz relativ kurzer Beine aber grundsätzlich keine Jeans in Kurzgrößen, weil mich das deprimiert. Lieber gebe ich zusätzlich zum Kaufpreis noch mal 10 Euro fürs Kürzen bei meiner Vertrauens-Schneiderin aus. Die kennt das schon.

Zum Thema Low Rise muss ich sagen, dass ich das zu low auch nicht besonders gut tragen kann, weil das mein dezent ausgeprägtes Bäuchlein betont... Aber so ganz bis zum Bauchnabel, wie meine Schwestern das gerne tragen, am besten Karottenschnitt, darf es auch nicht sein. So dazwischen.

Als Fazit kann ich nur eines sagen: Bei Esprit und Konsorten (Street One, S.Oliver und so) mag es ganz gute Basics geben, aber Jeans gehören nun einmal leider nicht dazu. Die haben meist diese "hippen" Jeans (sagt man noch hip?) mit Stofffetzen und so. Und die normalen Jeans sind nix Besonderes, die sitzen dann nicht optimal, vermutlich weil die so gemacht sind, dass sie jedem passen. Wenn man gut geschnittene Jeans haben will, muss man meiner Ansicht nach ein paar Spielregeln befolgen:
1. Schritt: Feststellen, ob man lieber Jeans nur aus Baumwolle oder mit mehr Elasthan und wie viel trägt.
2. Schritt: Ein gutes und beratungsintensives Geschäft mit mehreren Jeansmarken aufsuchen, sich bis zum Abdrehen von einer guten Verkäuferin beraten lassen.
2. Schritt: Nicht auf den Preis achten. Seven-Jeans sind für 180 Euro z. B. ein echtes Schnäppchen. Wenn sie passen!
4. Schritt: Immer, aber auch immer dieser einmal mühevoll gefundenen Marke und Größe/Länge treu bleiben.

Ich persönlich habe bei Calvin Klein die perfekte Größe und Materialkombination gefunden. Ich mag Calvin Klein nicht mal! Ich bin eher ein Gegner amerikanischer Designer. Ich finde, Designer sollten aus Italien oder Frankreich kommen. Aber egal. Der Vorteil bei Calvin ist, dass es sogar verschiedene Untermarken gibt, also z. B. "CK Jeans", was etwas günstiger als "Calvin Klein" ist. Ich versuche gar nicht erst, eine andere Jeans zu kaufen. Nie.

Vielleicht sollte ich einen Ratgeber schreiben...

 
At Januar 28, 2006 11:07 AM, Blogger Miss Sophie said...

Das hatte in der Tat Ratgeber-Qualität! Ich fürchte aber, ich bin beratungsresistent, denn "bis zum Abdrehen" würde bei mir genau nach der ersten Jeans bedeuten. Zudem haben Verkäuferinnen und ich grundsätzlich andere Vorstellungen davon, was eine gute Jeans ausmacht.
Und 180 Euro? Uff, meine hat jetzt 90 Euro gekostet und das fand ich schon ziemlich viel (ich glaube, Levi's 501 haben früher 120 Mark gekostet). Meine sitzt jetzt aber ziemlich gut, was jedoch auch auf einen gewissen Stretch-Effekt zurückzuführen ist. Das einzige Feature sind ein paar Stickereien an den Arschtaschen, aber in dezenter Farbwahl. Umnähen wäre leider nicht drin gewesen, da der Saum ein bißchen diesen "used"-Look hat, den man nach dem Umsäumen erst mit einer Flex hätte wiederherstellen müssen.

Und ich WAR meiner 501 ja immer treu, aber manchmal ändert sich mit der Mode auch einfach der eigene Geschmack, finde ich.

Aber wenn ich Geschmack am Jeans-Tragen finde und genügend Kohle angesammelt habe, dann werde ich wahrscheinlich dem Ratgeber folgen. Was wäre denn nach Deiner Meinung ein gutes Geschäft in Hamburg dafür?

 
At Januar 28, 2006 1:26 PM, Blogger Miss Topisto said...

Ich finde Classico ganz gut. Das gibt's in der City und im Wandsbek Quarree, wo ich auch öfter shoppe. Die Sachen sind zwar manchmal grundlos teuer, aber man findet auch geht-so-teure Sachen. Die beraten auch ganz gut. Ich lasse mich immer lieber von etwas älteren Verkäuferinnen beraten, weil diejenigen, die so alt sind wie ich, nämlich zu den mit Blumen und Löchern verzierten Jeans raten.

Ansonsten vielleicht Beutin, aber das am Jungfernstieg, im Quarree sind die arg unfreundlich und manchmal sprechen sie nicht mal richtig deutsch. Oder Zero. Die haben schöne schlichte Sachen, aber schick. Und sind nett. Allerdings ist da die Wahrscheinlichkeit gering, dass man die eine Jeans findet, die man da auch in der nächsten Saison noch kaufen kann. Man könnte es auch bei Peek & Cloppenburg versuchen, die beraten auch gut. Die haben ja auch günstigere Sachen, man muss ja nicht straight in die Burberry-Abteilung laufen... Außerdem ist Schlussverkauf.

 
At Februar 22, 2006 9:59 AM, Anonymous Anonym said...

Ich hab im Kaufhof eine Jeans für 20 Euro gefunden vor geraumer Zeit. Die trage ich immer noch häufig und gern. Jeans müssen also nicht teuer sein, man muß nur das passende Geschäft finden. Auch ne Marken-Jeans muß nicht mehr als 50 Euro kosten (ich glaub, ich hab für meine Wrangler sowas bei 50-70 DM bezahlt) und die sitzen, wenn man erstmal "seine" Marke gefunden hat.
Ein "normales Damen Bekleidungsgeschäft" hätte ich auch angesteuert, aber eines mit erwachsener Zielgruppe ;) Wo Muttern einkaufen würde, ist man selbst eigentlich auch gut aufgehoben, wenn man es zeitlos liebt.

 

Kommentar veröffentlichen

<< Home