Sonntag, September 11, 2005

Filmkritik "Broken Flowers"

Don Johnston (nein, nicht Don Johnson, sondern mit einem „t“) (Bill Murray) ist, wie ihm seine Umgebung gleich zu Beginn des Films schonungslos mitteilt, nicht viel mehr als ein alternder Don Juan, ein Frührentner im amerikanischen Suburbia. Seine bezaubernde und wesentlich jüngere Freundin Sherry (Julie Delpy) verlässt ihn, was den ohnehin lethargischen Don in völlige Apathie stürzt. Just in diesem Moment erreicht ihn ein Brief mit brisantem Inhalt: Eine anonyme Ex-Freundin eröffnet ihn, daß er einen 19-jährigen Sohn hat. Don würde dies eigentlich kalt lassen, doch er erzählt seinem Nachbarn Winston (Jeffrey Wright) davon, der sich Dons Vergangenheit annimmt. Als verkappter Hobbydetektiv überredet er Don zu einer Reise quer durch die Staaten, um vier seiner Ex-Freundinnen aufzusuchen und nach „Anhaltspunkten“ über die Herkunft des Briefes zu forschen. Dabei muß Don überrascht feststellen, daß sich Frauen in 20 Jahren sehr verändern können.

„Hm, dieser Gesichtsausdruck kommt mir bekannt vor“, wird sich der ein oder andere beim Anblick des Filmplakates gedacht haben. In der Tat erinnert Bill Murrays Spiel sehr an seine Performance in „Lost in Translation“, wo sein Gesicht ausdrucksleer schien und doch Gefühle wie Fremdheit und Melancholie eindrucksvoll zeigte. Um es gleich vorweg zu nehmen, halte ich „Broken Flowers“ für weitaus gelungener – schon allein aus dem einfachen Grund, daß dieser Film eine Handlung hat. Ihre Stringenz erhält sie durch den genauen Plan, den der überengagierte Winston für Don ausgearbeitet hat, jedoch liegt ihre Stärke in dem Anreißen der kurzen Begegnungen, dem Andeuten dessen, was die Frauen einmal ausgemacht hat und der Kluft zu ihrer jetzigen Existenz. An dieser Stelle sei nicht zu viel verraten, nur daß die Darstellerinnen Sharon Stone, Jessica Lange, Frances Conroy und Tilda Swinton schon allein Grund genug sind, um ins Kino zu gehen. Sehr gut gelungen ist die Mischung zwischen heiteren Momenten, z.B. wenn die 14jährige Tochter einer Ex sich mit „Lola, eigentlich Lolita“ vorstellt, um kurze Zeit später nackt durchs Bild zu hopsen, und Don später (gegenüber Sharon Stone) anmerkt, dies sei eine „interessante Namenswahl“. Insgesamt überwiegt aber die Melancholie, die Don, der mit der Welt um sich herum eigentlich abgeschlossen hatte, nun nach der Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit fühlt. Im Vergleich zu den vier Frauen scheint Don sich treu geblieben zu sein, andererseits scheint sein Leben von allen als das Antriebsloseste. Das (für meinen Geschmack etwas zu offene Ende) lässt ihm auf jeden Fall Platz, um die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen und in der Zukunft auf seinem Schneckenhäuschen auszubrechen.